Forscher suchen schon lange nach einer Substanz, die geschädigtes Knorpelgewebe bei Arthrose repariert. Jetzt verdichten sich die Hinweise, dass das Molekül Adenosin so ein Wirkstoff sein könnte.
Adenosintriphosphat (ATP) ist der bedeutendste Energieüberträger in den Zellen. Dabei speichern ATP-Moleküle die über die Nahrung zugeführte Energie solange, bis die Zelle diese Energie für ihre Arbeit benötigt.
Normalerweise entspricht der ATP-Umsatz eines Menschen pro Tag der Hälfte seines Gewichts. Das heißt, jemand der 70 kg wiegt, setzt am Tag 35 kg ATP um.
Adenosin – ein besonderes Molekül
Ein Bestandteil von ATP ist Adenosin – ein Molekül, das eine der Hauptrollen im Stoffwechsel spielt. So ist es unter anderem bei der Signalübertragung zwischen den Zellen beteiligt. Außerdem kann Adenosin den Blutdruck senken und trägt zum Wachstum des menschlichen Gewebes bei.
Adenosin in der Forschung
Auch mit Blick auf Arthrose ist Adenosin ein interessanter Baustein. Denn: Adenosin ernährt die Chondrozyten, das sind Knorpelzellen und damit der einzige „lebende“ Baustein des Knorpels. Insgesamt besteht 1 Prozent des Knorpelgewebes aus Knorpelzellen.
Bei Arthrose fangen die Knorpelzellen an, Knorpelsubstanz zu zerstören – ein Prozess, bei dem der Knorpel abgebaut wird.
Der springende Punkt dabei: Eine ausreichende Versorgung mit Adenosin könnte einer Arthrose, das heißt dem Abbau des Knorpelgewebes, entgegenwirken. Dass das funktioniert, konnten Forscher bereits in Tiermodellen zeigen.
Adenosin lässt Knorpelgewebe nachwachsen
Jetzt ging eine Studie der medizinischen Fakultät der New York University der Fragestellung, wie Adenosin bei Arthrose hilft, weiter nach. Die Wissenschaftler spritzten Adenosin in die Gelenke von Nagetieren, deren Gliedmaßen durch Entzündungen geschädigt waren. Infolge der Entzündungen entwickelten die Nagetiere ähnliche Gelenkschäden wie Menschen mit Arthrose. Die Nagetiere wurden über einen Zeitraum von acht Wochen mit Adenosin-Injektionen behandelt. Das Ergebnis spricht für das Adenosin: Das Knorpelgewebe wuchs zu 30-50 Prozent nach. Hinzu kommt, dass die Labor-Tiere die Behandlung mit Adenosin gut vertrugen.
Wissenschaft macht deutlichen Schritt nach vorne
Zwar betonen die Wissenschaftler, dass es noch zu früh sei, diese experimentelle Therapie schon beim Menschen einzusetzen. Doch sei der Forschung ein wichtiger Schritt nach vorne gelungen. Denn bisher kann keines der bei Arthrose eingesetzten Medikamente die Erkrankung aufhalten oder gar heilen. Aktuell stehen Arthrose-Patienten beispielsweise Schmerzmittel und Hyaluronsäure als Gelenkschmiere oder im fortgeschrittenen Stadium als letzte Alternative der Gelenkersatz zur Verfügung.
Dass ein bestimmter Zellsignalweg – der auch in Arthrose-geschädigtem Knorpelgewebe hochaktiv ist – in Anwesenheit von Adenosin vom Knorpelgewebe-Abbau auf Reparatur umschaltet, ist ein weiteres Schlüsselergebnis der Studie.
Quelle(n):
Carmen Corciulo, Cristina M. Castro, Thomas Coughlin, Samson Jacob, Zhu Li, David Fenyö, Daniel B. Rifkin, Oran D. Kennedy, Bruce Neil Cronstein. Intraarticular injection of liposomal adenosine reduces cartilage damage in established murine and rat models of osteoarthritis. Scientific Reports, 2020; 10 (1) DOI: 10.1038/s41598-020-68302-w