So lautet die neunte Regel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. In einer Welt, in der jedoch Stress und Hektik unseren Alltag bestimmen, verkommen Essen und Trinken immer mehr zur Nebensächlichkeit – Zeit zum Genießen bleibt nicht. Schon der weltberühmte Spitzenkoch Paul Bocuse sagte: „Viele Menschen haben das Essen verlernt, sie können nur noch schlucken“. Es wird oft nur noch gegessen, wenn der Terminplan es zulässt, feste Essenszeiten im Kreise der Familie werden immer seltener. Auch wenn mit der Nahrungsaufnahme in erster Linie der Bedarf an lebensnotwendigen Nährstoffen, wie Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten sowie Vitaminen und Mineralstoffen gedeckt werden soll, bedeutet Essen doch viel mehr. Es steht für Esskultur, familiärer Zusammenhalt, Lebensqualität, Wohlbefinden und Genuss. Fragt man nach dem idealen Essen, so erhält man in vielen Fällen die Antwort – das Essen soll gut aussehen, schmecken, gesund und ausgewogen und vollwertig sein, aber auch in einer angenehmen Atmosphäre stattfinden.
Qualität statt Quantität zeichnet eine schmackhafte und gesunde Kost aus
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass derjenige mehr genießt, der mehr konsumiert. Für den Genuss ist jedoch nicht die Quantität, sondern die Qualität entscheidend. Maßvoll, gesund, ausgewogen und zugleich köstlich ist hier das Motto. Gesunde Ernährung wird von vielen Menschen gleichgesetzt mit langweilig und wenig schmackhaft, sie ist aber alles andere als das. Sie ist qualitativ hochwertig, beinhaltet die gesamte Bandbreite der Lebensmittel und ist eine abwechslungsreiche Mischkost. Qualität zeichnet sich in erster Linie durch frische Zutaten sowie durch schonende und bewusste Zubereitung aus. Am einfachsten lässt sich das umsetzen, wenn die Zutaten entsprechend der Saison gekauft werden. So kommen sie reif auf den Tisch, enthalten viele Vitamine und Mineralstoffe und besitzen noch ihren einzigartigen, natürlichen Geschmack. Insbesondere frische Zutaten wie Obst, Gemüse und Kräuter können die Sinne anregen. Dabei ist es besonders wichtig, sich auf das Aroma der Speisen zu konzentrieren und den Geschmack bewusst wahrzunehmen. Auf industriell gefertigte Produkte sollte weitestgehend verzichtet werden, da hier der natürliche und einzigartige Geschmack der Lebensmittel verloren geht.
Genießen muss erlaubt sein, braucht Zeit und ist gesund
Mehr als die Hälfte der Deutschen sind übergewichtig. Sie werden jeden Tag durch Ihr schlechtes Gewissen daran gehindert, Ihr Essen zu genießen. Kaum ist eine Köstlichkeit verzehrt, so schlägt die Kenntnis um Extra-Kalorien auch schon Alarm und verdirbt den Spaß am Essen. Essen wird zum innerlichen Zwiespalt. Ein kleines Stückchen Schokolade hat jedoch noch keinen dick gemacht. Wenn auf die kleinen Annehmlichkeiten des Lebens vollständig verzichtet wird, wird das Verlangen danach umso größer – ein gesundes Maß lässt sich dann kaum mehr finden.
Der Alltag ist meistens durch den Beruf geprägt und erfordert vielfach eine anpassungsfähige Zeitplanung. Immer häufiger wird Außer-Haus gespeist, es werden mehr Fertigprodukte eingesetzt und der Aufwand für die Essenszubereitung sinkt. Mit diesem Lebensstil bleibt jedoch scheinbar wenig Zeit für diese „triviale“ Notwendigkeit. Genuss kann nicht unter Zeitdruck oder nebenbei erlebt werden. Oftmals findet das Essen nebenher statt, z. B. während dem Fernsehen. Sowohl die Zubereitung der Speisen als auch der Verzehr benötigt Zeit. Wer viele Dinge gleichzeitig tut, wird dabei kaum genießen können. Menschen, die das Essen genießen und es nicht als Nebensächlichkeit betrachten, lassen sich mehr Zeit beim Essen und essen automatisch langsamer. Dies bewirkt, dass sie eher auf ihr Sättigungsgefühl achten. Wer schnell isst, der läuft dagegen Gefahr, den Zeitpunkt der Sättigung zu überschreiten und mehr zu essen als notwendig. Das Gefühl für Sättigung geht verloren – Übergewicht ist vorprogrammiert.
Genießen und Emotionen
Genuss wird individuell erlebt und schon im Säuglingsalter geprägt. Besondere Geschmacksnuancen oder auch bestimmte Gerichte sind mit positiven Erinnerungen verbunden. Wichtig ist es, sich wieder klar zu machen, dass Essen nicht nur der Nahrungsaufnahme dient. Ein gemeinsames Essen im Familien- oder Freundeskreis kann zum Beispiel ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und Geborgenheit vermitteln. Vertrauter Geschmack, trägt zur Identität und zur Sicherheit bei. Es kommt darauf an, wieder zu entdecken, was, wann und warum etwas wirklich schmeckt. Wird man sich dieser Gefühle bewusst, kann man wieder mit allen Sinnen genießen. Essen wird zum Spaßerlebnis.
Tipps für die Umsetzung im Alltag
Stellen Sie sich folgende Fragen
- Welche Lebensmittel wählen Sie aus?
- Wie viel Zeit – sowohl für die Zubereitung als auch den Verzehr – nehmen Sie sich für das Essen?
- Können Ihre Sinne durch verschiedene Lebensmittel und neue Geschmacksnuancen angeregt werden?
- Gibt es eine bestimmte Verhaltensweisen oder Rituale, die das Essen mit positiven Gefühlen belegen?
- Gibt es feste Essenszeiten im Kreis der Familie, bei denen auch Raum für entspannte Gespräche ist?
Konkrete Umsetzung
- Planen Sie für die Zubereitung der Gerichte ausreichend Zeit ein.
- Kochen Sie gemeinsam mit Familienmitgliedern oder Freunden.
- Kaufen Sie bewusst frische und saisonale Zutaten ein und genießen Sie diese.
- Auch das Auge ist mit – achten Sie auf einen schön gedeckten Tisch.
- Essen Sie nicht nebenbei.
- Genießen Sie die Vielfalt der Lebensmittel – probieren Sie mal etwas Neues aus.