Eine mit Schmerzen einhergehende Schulterarthrose ist nur schwer zu behandeln. Die gute Nachricht: Hyaluronsäure hat sich als vielversprechende nicht-invasive Therapieoption herauskristallisiert. Eine systematische Übersichtsarbeit bewertete nun auf der Basis aktueller Studiendaten, ob Hyaluronsäure-Injektionen die Schmerzen bei einer Schulterarthrose lindern können.
Schulterschmerzen und Bewegungsbeeinträchtigungen – das sind die Hauptsymptome bei einer Schultergelenkarthrose (Glenohumeralgelenkarthrose). Im Anfangsstadium fällt es den Betroffenen oft schwer, die Schmerzen in der Schulter genau zu lokalisieren. Viele berichten von allmählich auftretenden Schmerzen, die bei bestimmten Armbewegungen stärker werden. Ein typisches Merkmal fortgeschrittener Stadien sind Ruheschmerzen. Außerdem leiden die Betroffenen auch dann unter Schmerzen, wenn sie beispielsweise auf der betroffenen Seite schlafen. Schreitet die Schulterarthrose weiter fort, kommt zu es Bewegungseinschränkungen. Entzündungen machen sich durch Schwellungen und Rötungen bemerkbar.
Herausforderung: adäquate Behandlung
Eine Schulterarthrose kann mit einer Operation als auch mit konservativen Methoden behandelt werden. Allerdings beinhalten beide Therapieansätze einige Herausforderungen. Bei der Operation wird ein künstliches Schultergelenk eingesetzt. Zwar können so die Schmerzen wirksam gelindert und den Bewegungsumfang verbessert werden – doch ist der Gelenkersatz mit intensiven Kosten und hoher Krankheitslast (Morbidität) verbunden. Zu den Bausteinen einer nicht-operativen Therapie gehören die Physiotherapie zum Erhalt von Bewegungsumfang und Muskelkraft sowie medikamentöse Therapien mit Schmerzmitteln (beispielsweise Paracetamol bzw. Diclofenac) oder Kortison-Spritzen in den Muskel. Allerdings ist die Wirkung dieser Therapieansätze umstritten und vor allem werden die Schmerzmittel von vielen Personen nicht gut vertragen.
Hyaluronsäure: eine vielversprechende Chance?
Aus diesem Grund hat sich Hyaluronsäure als Alternative für die nicht-chirurgische Behandlung von Schultergelenkarthrose herauskristallisiert. Hyaluronsäure hat sowohl schmerzstillende als auch den Gelenkknorpel schützende Eigenschaften. Zudem ist ihre Anwendung bei Arthrose gut dokumentiert. Bei Hyaluronsäure handelt es sich um einen Mehrfachzucker, der ein langes Molekül bildet. Hyaluronsäure findet sich beim Menschen in größeren Mengen insbesondere in der Haut, Knochen, Knorpeln und im Glaskörper des Auges. Da Hyaluronsäure auch ein natürlicher Bestandteil der Gelenkflüssigkeit (Synovia) ist, spielt sie für die Beweglichkeit der Gelenke eine wichtige Rolle. Eine weitere Eigenschaft ist die Fähigkeit, Wasser zu binden. Auf diese Weise wird für die Stabilität der Gelenke gesorgt. Ihre Nachteile: Mit zunehmendem Alter geht ihr Anteil im Körper zurück und sie kann als Tablette eingenommen aufgrund ihres hohen Molekulargewichts schlecht resorbiert werden.
Eine Meta-Analyse findet Antworten: Lindern Hyaluronsäure-Injektionen Schmerzen?
Filippo Familiari et al. bewerteten nun aktuelle Studiendaten dahingehend, ob Hyaluronsäure-Injektionen die Schmerzen einer Schultergelenkarthrose lindern können. Die Wissenschaftler gingen dieser Fragestellung im Rahmen einer Meta-Analyse nach. Das ist ein statistisches Verfahren, bei dem aktuelle Forschungsergebnisse verschiedener Studien mit derselben Fragestellung zusammengefasst und bewertet werden. In die Auswertung aufgenommen wurden insgesamt 15 klinische Studien und 1.023 Personen mit Schulterarthrose, die Hyaluronsäure-Injektionen erhalten hatten. Kriterium für die Wirkung der Hyaluronsäure waren die Veränderungen der Schmerzsymptomatik auf einer visuellen Bewertungsskala.
Die Ergebnisse unterstützen den Einsatz von Hyaluronsäure-Injektionen: So verringerten die Injektionen ins arthrotische Schultergelenk den Schmerz und verbesserten die Beweglichkeit im Vergleich zu Studienbeginn, bei einer kurzfristigen Nachbeobachtung bis zu 6 Monaten. Außerdem zeigte die Meta-Analyse, dass Hyaluronsäure-Injektionen Schmerzen stärker lindern als eine alleinige Physiotherapie oder Kortison-Spritzen.
Hyaluronsäure: Schmiermittel der Gelenkinnenhaut und Stoßdämpfer
Hyaluronsäure wirke, so die Studienautoren, auch deshalb günstig auf arthrotisch veränderte Gelenke, da Hyaluron Bestandteil der Gelenkflüssigkeit sei. Weil die Konzentration der natürlichen Hyaluronsäure bei Gelenkarthrose ungefähr um die Hälfte reduziert sei, zeige eine Hyaluronsäure-Injektion sofort zwei mechanische Wirkungen. So fungiere injiziertes Hyaluron nicht nur als Schmiermittel für die Gelenkinnenhaut (Synovialis), sondern könne auch Stöße abfedern. Diese Eigenschaften könnten, so Familiari et al., insbesondere in einem Gelenk wie der Schulter – das keiner Gewichtsbelastung ausgesetzt ist – bedeutsam sein. Zudem habe die Hyaluronsäure schützende bzw. Gelenkknorpel aufbauende Effekte, vermindere den programmierten Tod (Apoptose) von Knorpelzellen und fördere deren Vermehrung (Proliferation). Durch ihren immunmodulatorischen Wirkmechanismus entfalte die Hyaluronsäure außerdem nachweislich entzündungshemmende Effekte und beeinflusse die Arthrose günstig.
Zusammengenommen unterstreichen die Ergebnisse dieser systematischen Übersichtsarbeit die vielversprechende Rolle von Hyaluronsäure-Injektionen als valide nicht-operative Therapieoption bei Schultergelenkarthrose.
Quelle(n):
Familiari F, Ammendolia A, Rupp MC, Russo R, Pujia A, Montalcini T, Marotta N, Mercurio M, Galasso O, Millett PJ, Gasparini G, de Sire A. Efficacy of intra-articular injections of hyaluronic acid in patients with glenohumeral joint osteoarthritis: A systematic review and meta-analysis. J Orthop Res. 2023 Jun 14. doi: 10.1002/jor.25648. Epub ahead of print. PMID: 37314198.
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