Japanische Orthopäden hatten Frauen ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt. Viele von ihnen litten an Harinkontinenz. Und nach der Hüft-OP dachten sie nicht mehr ständig an eine Toilette.
In Japan haben viele Menschen eine angeborene Hüftgelenksdysplasie. Eine Hüftgelenksdysplasie bezeichnet eine angeborene Entwicklungsstörung der Hüftgelenkspfanne, die zu Störungen bei der Knochenbildung und Fehlbildungen führt. Da die Erkrankung in Japan häufig vorkommt, sind dort relativ oft Hüftersatzoperationen notwendig. Betroffen sind in erster Linie Frauen. Ein Ärzteteam um Dr. Tatsuya Tamaki der Orthopädischen Klinik in Funabashi hatte beobachtet, dass viele Frauen mit Harninkontinenz nach der Hüftoperation nicht mehr unter ihren Beschwerden litten. Dieser seltsame Befund weckte den Forschergeist der Ärzte, und sie starteten eine Befragung. Sie baten 189 ältere Patientinnen anzugeben, ob sie vor der OP Probleme damit hatten, ihren Urin zu halten und ob sich die Situation nach der OP verändert hatte. Die Ärzte verwendeten für ihre Studie einen international anerkannten Inkontinenz-Fragebogen und befragten die Patientinnen jeweils drei Monate vor und nach der OP.
Viele Patientinnen litten an Stressinkontinenz
81 (43 Prozent) der Frauen berichteten, dass sie vor der Hüft-OP eine Harninkontinenz hatten. 55 (65 Prozent) dieser inkontinenten Patientinnen verloren in erster Linie beim Husten oder Niesen ungewollt Urin. Diese Symptomatik beschreibt die klassischen Kennzeichen für eine sogenannte Stressinkontinenz. 108 Patientinnen gaben an, keine Probleme mit ungewolltem Harnverlust zu haben. Alle Patientinnen litten unter ähnlich starken Schmerzen und waren in ihrer Bewegungsfreiheit in vergleichbarer Weise eingeschränkt.
Drei Monate nach der Operation – circa jede dritte Frau erhielt eine beidseitige Arthroplastik – zeigte sich eine Verbesserung der vor der OP bestehenden Inkontinenz. Bei 52 Frauen (64 Prozent) hatten sich die Blasenbeschwerden gebessert, bei 26 Frauen (32 Prozent) blieben sie unverändert. Bei drei Frauen verstärkte sich die Inkontinenz. In der Vergleichsgruppe wurden drei Frauen nach der Operation inkontinent.
Künstliche Hüfte stärkt auch den Beckenboden
Die Ärzte gehen davon aus, dass die Hüftdysplasie eine Harninkontinenz bedingen könnte: So sind die Muskeln bei Patienten mit einer Hüftdysplasie im Bereich der Hüfte meistens sehr schwach ausgebildet. Verschlimmert sich die Dysplasie, verringert sich die Bewegungsfreiheit und die Muskelspannung nimmt ab. Nachdem die in die Studie eingeschlossenen Patientinnen eine neue Hüfte erhalten hatten, erhöhte sich die Bewegungsfreiheit und die Muskelspannung nahm zu. Und auf diese Weise wurde der Beckenboden wieder gestärkt, was sich positiv auf die Inkontinenz auswirkte. Die Harninkontinenz schien sich durch die neue Hüfte verbessert zu haben.
Quelle(n):
Tamaki T et al., Int J Urol, 2014