Aus den Ergebnissen bisheriger Studien weiß man, dass strukturierte Sportprogramme die Bewegungsfähigkeit von Patienten mit einer Kniegelenkarthrose verbessern können. Doch welche Möglichkeiten gibt es für diejenigen, die sich lieber ohne festes Programm bewegen möchten? Ein Team um Daniel White von der Boston University wollte wissen, welche Auswirkungen einfaches Gehen auf eine beginnende Arthrose hat.
Die Wissenschaftler nahmen in ihre Beobachtungsstudie 1.800 Frauen und Männer auf, die im Mittel 67 Jahre alt waren. Alle Teilnehmer hatten eine Kniegelenkarthrose oder ein hohes Risiko, demnächst die Erkrankung zu entwickeln. Die Teilnehmer wurden mit automatischen Zählern ausgestattet. Diese maßen über eine Woche jeden zurückgelegten Schritt, der von den Probanden gegangen wurde. Wie viele Schritte sie zurückgelegt hatten, wurde den Teilnehmern allerdings nicht angezeigt.
Zwei Jahre später: Die Wissenschaftler sahen sich an, wer von den Teilnehmern funktionelle Einschränkungen zeigte, die vorher noch nicht vorhanden waren. Die funktionelle Einschränkung wurde anhand der Einflussgrößen Ganggeschwindigkeit (weniger als 1 m/s) und WOMAC-Score zur Funktionalität (≥ 28 bis höchstens 68) definiert. Sie prüften, wie die funktionellen Einschränkungen mit der täglich zurückgelegten Schrittzahl zusammenhingen. Außerdem berücksichtigten die Forscher bei ihren Analysen weitere Einflussfaktoren wie unter anderem den Body-Mass-Index, Geschlecht, Grad der radiologisch sichtbaren Veränderungen am Kniegelenk, Ausmaß der Knieschmerzen und mögliche depressive Symptome. Auf diese Weise wollten sie sichergehen, dass das Ergebnis auch wirklich auf das Gehen zurückzuführen ist und nicht auf einen an sich körperlich guten Zustand.
Kniegelenkarthrose-Patienten sollten mit 3.000 Schritten beginnen
Es zeigte sich, dass Gehen hilft. Je mehr Schritte jemand zurücklegte, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass er langsamer als 1 m/s lief. Im Umkehrschluss wirkte sich eine hohe Schrittzahl positiv auf das Gehtempo aus. Nur 3 Prozent der Patienten mit Kniegelenkarthrose, die pro Tag mehr als 7.500 Schritte zurücklegten, gingen nach den zwei Jahren langsamer als 1 m/s. Doch 21,4 Prozent derjenigen, die lediglich 5.000 Schritten gegangen waren, fielen unter das Gehtempo von 1 m/s. Bei den Teilnehmern, die zwischen 5.000 und 7.500 Schritten liefen, betrug die Quote 7,8 Prozent.
Hinsichtlich der Funktionalität war das Ergebnis ähnlich: 2,5 Prozent der 7.500-Schritt-Gruppe, 4,0 Prozent derjenigen mit 5.000 bis 7.500 und 9,2 Prozent derjenigen mit weniger als 5.000 Schritten erreichten mindestens 28 Punkte auf der WOMAC-Skala. 1.000 zusätzliche Schritte am Tag verringerten das Risiko für funktionelle Einbußen um 16-19 Prozent. Den Berechnungen der Forscher zufolge sind 6.000 Schritte am Tag der ideale Schwellenwert, um körperlich fitte Arthrose-Patienten von körperlich unfitten zu unterscheiden.
Aufgrund ihrer Studienergebnisse raten die Wissenschaftler Patienten mit Kniegelenkarthrose, sich unbedingt zu bewegen. Mindestens 3.000 Schritte pro Tag wären ein optimaler Anfangswert, da nur relativ wenige Teilnehmer mit diesem Bewegungspensum eine funktionelle Behinderung entwickelten. Der bestmöglich zu erreichende Wert liegt White und Kollegen zufolge bei 6.000 Schritten pro Tag. Wer also jeden Tag mindestens 6.000 Schritte geht, könnte Bewegungseinschränkungen vorbeugen. Diese Empfehlung geben die beiden amerikanischen Rehabilitationsärzte Patienten mit Kniegelenkarthrose.
Für alle, die jetzt mit dem ‚Gehen gegen die Kniegelenkarthrose‘ anfangen möchten: Es gibt beispielsweise Apps für das Smartphone, mit deren Hilfe die Schrittmenge erfasst und gespeichert werden kann.
Quelle(n):
White DK et al., Arthritis Care Res 2014